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Handyakku
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Mobbing
Definition:
"Unter Mobbing wird eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz, unter Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Untergebenen verstanden, bei der die angegriffene Person unterlegen ist und von einer oder einigen Personen systematisch, oft während längerer Zeit mit dem Ziel und/oder dem Effekt des Ausstoßens aus dem Arbeitsverhältnis direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet." (Leymann, 1995, S. 18).
Die aufgeführte Definition weist daraufhin, dass Mobbing in erster Linie im Arbeitsleben geschieht. Die Situation am Arbeitsplatz ist - wenn man nicht gerade Selbständiger ist - dadurch gekennzeichnet, dass man sich seine Arbeitskollegen und Vorgesetzten nicht aussuchen kann. Wer sich im Kollegenkreis nicht wohlfühlt, kann auch nicht einfach gehen. Es handelt sich um eine Art Zwangsgemeinschaft - gerade in Zeiten der Knappheit von Arbeitsplätzen. Aus dieser Situation herus können Konflikte resultieren, die bei Nichtbearbeitung der Ausgangspunkt für Mobbing sein können. In freiwilligen Zusammenschlüssen wie Vereinen tritt Mobbing dagegen sehr selten auf, weil der einzelne sich ggf. immer noch einen anderen Verein oder ein anderes Hobby suchen kann, wenn er sich dort nicht wohl fühlt.
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Der Gemobbte selbst befindet sich in einer unterlegenen Position - sei es gegenüber dem Chef mit seinen Entscheidungsbefugnissen, sei es gegenüber einem Mob von Kollegen, die zusammenhalten. Diese Statusverteilung muss nicht von Anfang an gegeben sein, sondern entsteht möglicherweise erst im Laufe des Mobbingprozesses. Geht das Mobbing vom Chef selbst aus, so spricht man auch von Bossing.
Im Arbeitsleben kann es natürlich wie schon erwähnt immer wieder zu Konflikten kommen. Aber liegt bei einem Streit unter Kollegen, einer Schikane eines Vorgesetzten oder der beleidigenden Äußerung eines Kollegen bereits Mobbing vor? Mobbing bedeutet, dass die konfliktbelastete Kommunikation systematisch und während längerer Zeit geschieht. Man kann dem ganzen auch einen Plan unterstellen - es handelt sich nicht um ein rein affektbetontes Ausleben von Frust an einer anderen Person.
Aus dieser Situation kann für den Betroffenen ein gewaltiger Druck entstehen, der mit erschreckenden Konsequenzen im Bereich der seelischen und körperlichen Gesundheit verbunden ist.
Folgen von Mobbing
Während ich an anderer Stelle vor allem eine Beschreibung des jeweiligen Symptombildes von psychischen Störungen bringe, so betrifft das Thema Mobbing vor allem die Prävention von psychischen Störungen - speziell von Beeinträchtigungen, die auf Belästigungen am Arbeitsplatz zurückgehen. Ein derartiges Verhalten gegen einzelne Personen bleibt nicht ohne Folgen auf das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit.
Mobbing bewirkt beim Betroffenen zu Beginn zunächst eine allgemeine Verunsicherung und Anspannung. Der Mitarbeiter versucht in seiner Verunsicherung immer mehr zu arbeiten, achtet ängstlich auf Fehler, macht Überstunden und kann von seiner Arbeit auch nicht mehr abschalten. Dies wirkt sich natürlich auch auf andere Lebensbereiche aus - der Betroffene ist erschöpft, depressiv, verzweifelt, wird mürrisch, unfreundlich, misstrauisch oder sogar aggressiv. Es entstehen Spannungen in der Familie. Aufgrund des systematischen und über längere Zeit andauernden Mobbings werden diese Verhaltensweisen zu typischen Reaktionen des Betroffenen. Der Gemobbte ist nicht mehr in der Lage, Kontakt zu anderen Menschen, insbesondere in seinem Arbeitsbereich aufzunehmen. Um dies wieder zu können, bräuchte er Sicherheit und soziale Unterstützung. Jedoch ziehen sich nunmehr auch unbeteiligte Kollegen von ihm zurück, da er sich durch das Mobbing verändert hat und nun "anders" wirkt.
Bereits in der Frühphase des Mobbings kann es zu Schlafstörungen, Migräne und Spannungskopfschmerzen, Schweißausbrüchen, Kreislaufproblemen, Herzbeschwerden, Magenbeschwerden, Ohrensausen (Tinnitus), Erschöpfungszuständen und allgemeinen Störungen des vegetativen Nervensystems kommen. Folgende Symptome sind am häufigsten festzustellen:
- Kopfschmerzen 51 %
- Rückenschmerzen 44 %
- Einschlafstörungen 41 %
- depressiv 41 %
- schnell reizbar 41 %
- Nackenschmerzen 36 %
- Konzentrationsmängel 35 %
- Versagensangst 32 %
- unterbrochener Schlaf 32 %
(IG Metall, 1997).
Mobbing bewirkt neben individuellen Folgen hohe betriebswirtschaftliche und gesellschaftliche Kosten. Diese ergeben sich durch Fehlzeiten, Fluktuation und Minderleistung des Betroffenen. Ein Fehltag eines Mitarbeiters kostet ein Unternehmen zwischen ca. 103 und ca. 410 Euro, die Fluktuation eines Facharbeiters kostet für ein Unternehmen ca. 7.700 Euro, die eines qualifizierten Facharbeiters ca. 25.000 Euro, die einer Führungskraft ca. 205.000 Euro (Quelle: DGB - die genaue Quelle finde ich leider nicht mehr).
Mobbinghandlungen
Leymann (1993) hat anhand von 300 Untersuchungen 45 Mobbinghandlungen erarbeitet, die er in 5 Angriffsbereiche untergliedert hat:
1. Angriffe auf die Möglichkeit, sich mitzuteilen |
- durch Vorgesetzte werden die Möglichkeiten, sich zu äußern, eingeschränkt
- durch Kollegen werden die Möglichkeiten, sich zu äußern, eingeschränkt
- man wird ständig unterbrochen, Anschreien oder lautes Schimpfen
- ständige Kritik am Privatleben, ständige Kritik an der Arbeit, Telefonterror
- mündliche Drohungen, schriftliche Drohungen
- Kontaktverweigerung durch abwertende Blicke oder Gesten
- Kontaktverweigerung indirekt, durch Andeutungen und heimlich
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2. Angriffe auf die sozialen Beziehungen |
- man spricht nicht mehr mit der/dem Betroffenen man läßt sich nicht ansprechen
- Kolleginnen und Kollegen wird verboten, die/den Betroffenen anzusprechen
- Versetzung in einen weit entfernt liegenden Raum
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3. Angriffe auf das soziale Ansehen |
- hinter dem Rücken wird schlecht gesprochen
- man verbreitet Gerüchte
- man macht jemand lächerlich
- man verdächtigt jemanden, psychisch krank zu sein
- man will psychiatrische Untersuchung erzwingen
- man macht sich über eine Behinderung lustig
- man imitiert Stimme, Gesten, Gang mit dem Ziel, jemanden lächerlich zu machen
- man greift politische oder religiöse Einstellungen an
- man macht sich über das Privatleben lustig
- man macht sich über die Nationalität lustig
- man zwingt jemand zu demütigenden Arbeiten
- man beurteilt Arbeitsleistung falsch oder in kränkender Weise
- man stellt Entscheidungen des Betroffenen in Frage
- man ruft obszöne Schimpfworte oder entwürdigende Ausdrücke nach
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4. Angriffe auf die Qualität der Berufs- und Lebenssituation |
- man weist keine Arbeitsaufgaben zu
- man nimmt die Möglichkeit weg, irgendeine Beschäftigung auszuüben
- man erteilt sinnlose Aufgaben
- man erteilt Aufgaben weit unter der persönlichen Qualifikation
- man erteilt Aufgaben weit über der persönlichen Qualifikation
- man gibt ständig neue Aufgaben
- man gibt kränkende Aufgaben
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5. Angriffe auf die Gesundheit |
- Zwang zu gesundheitsschädigenden Aufgaben
- Androhung von Gewalt
- Anwendung leichter Gewalt, Denkzettel verpassen
- körperliche Misshandlung
- Verursachung von Kosten zu Lasten des Betroffenen mit Schädigungsabsicht
- physischen Schaden anrichten am Arbeitsplatz oder im Heim des Betroffenen
- sexuelle Handgreiflichkeiten
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In Wirklichkeit lässt sich die Fülle möglicher Mobbinghandlungen natürlich nicht auf eine bestimmte Zahl beschränken. Wolmerath und Esser (2000) sprechen auch von 100+ Mobbinghandlungen.
Siehe auch Beispiel für einen Mobbingfall (externer Link zu mobbing-help.de).
Ursachen und für Mobbing förderliche Bedingungen
Ursachen bzw. Mobbing fördernde Bedingungen sind in der Organisation der Arbeit, dem Führungsverhalten der Vorgesetzten, der besonderen sozialen Stellung der Betroffenen sowie in der betrieblichen Moral zu sehen.
Mängel in der Arbeitsorganisation können beispielsweise unbesetzte Stellen, hoher Zeitdruck, starre Hierarchie mit unsinnigen Anweisungen, hohe Verantwortung bei geringem Handlungsspielraum und eine geringe Bewertung der Tätigkeit sein.
Weitere Zitate und Sprüche
Mobbing kann u.a. vom Vorgesetzten selbst ausgehen, auch indem Zwietracht unter den Mitarbeitern gesät wird oder Mitarbeiter mit eigener Meinung abgekanzelt werden. Gerade wenn Entlassungen anstehen, kann es von betrieblicher Seite gewünscht sein, wenn Mitarbeiter aufgrund von Mobbing selbst gehen.
Als Risikopersonen (nicht zu verstehen als die Ursache von Mobbing !) gelten zunächst einmal Menschen, die nicht 100%ige Leistungen bringen können: ältere Menschen, Menschen mit chronischen Krankheiten oder Behinderungen, Menschen mit problematischen Verhaltensweisen aufgrund von neurotischen Störungen...
... aber auch solche, die in anderer Weise - auch, wenn dies nichts mit der Arbeitsleistung zu tun hat - nicht den Erwartungen entsprechen: Hautfarbe, kulturelle/nationale Identität, sexuelle Orientierung, Geschlecht - z.B. Frauen in "Männerberufen" (Polizei).
Dies sind Menschen, deren Reserven (Leistung, soziale Unterstützung) schneller erschöpft sind. Geschieht dies in einem betrieblichen Milieu, das durch Kunkurrenzkampf, Leistungsdruck und Personalabbau geprägt ist, dann entstehen schnell Konflikte, die zum Ausstoßen Schwächerer führen können - und damit zu Mobbing.
Mobbing kann nur auftreten, wenn es geduldet wird. Ist eine moralische Grenzlinie gezogen, die Mobbinghandlungen als inakzeptabel erscheinen lassen, dann verringert sich die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Mobbing. Es geht dabei nicht darum, Konflikte zu verbieten, sondern diese offen anzusprechen und einer Lösung zuzuführen, die bei allen Beteiligten Akzeptanz findet.
Der Prozess des Mobbings verläuft dabei in verschiedenen Phasen.
Was tun bei Mobbing?
Der von Mobbing Betroffene sollte regelmäßig und detailliert ein Mobbingtagebuch führen. Dies dient der Beweissicherung und macht ggf. Zusammenhänge ersichtlich. Potentiell helfende Personen und Institutionen (Betriebsrat, Unternehmen, Ärzte, Rechtsanwälte, Richter) können nachlesen, was sich genau zugetragen hat. Das Tagebuch sollte folgende Punkte beinhalten:
- Datum und Uhrzeit
- exakte Beschreibung dessen, was passiert ist und
- ... wer welche Handlung begangen hat
- wer anwesend war und die Situation evtl. mitbekommen hat
- körperliche/gesundheitliche Reaktionen sowie zeitlicher Abstand dieser Folgen rel. zu der beschriebenen Situation
Es sollte auch aufgeführt werden,
- wann nichts passiert ist ("Heute ist nichts passiert.")
- wann man von der Arbeit ferngeblieben ist und warum (Urlaub, freier Tag, krank ...)
- wann man aufgrund des Mobbings einen Arzt aufsuchen musste und welche gesundheitlichen Folgen dabei zur Sprache kamen
- wann die Personen, die das Mobbing verursachen, nicht anwesend sind und warum.
Ansprechpartner dürften in erster Linie der Betriebsrat, der Vorgesetzte ggf. ein Rechtsanwalt sowie ein Psychologe sein.
Jeder Mensch hat zunächst einmal selbst die Verantwortung, sich aktiv um den Erhalt seiner seelischen und körperlichen Gesundheit zu kümmern. Manchmal können auch die eigene Einstellungen und Erwartungen mobbingfördernd sein - Beispiele:
- "Man muss immer von allen gemocht werden."
- "Konflikte darf es nicht geben bzw. dürfen nicht angesprochen werden."
- "Man muss immer stark und leistungsfähig sein."
Ist es für einen Menschen wichtig, immer von allen gemocht zu werden, dann bedeutet jede ablehnende Haltung eines anderen eine Katastrophe. Kommt die Einstellung hinzu, dass Konflikte nicht offen angesprochen werden dürfen, so zieht sich der Betroffene lediglich zurück, was von der anderen Seite beliebig gedeutet werden kann. Gerade dann, wenn die auslösende Situation noch präsent ist, besteht jedoch die Chance, sich durch Gespräche mit der als Mobber erlebten Person zu versöhnen. Dazu gehört, dass Konflikte offen angesprochen werden. D.h., dass man den Chef oder Kollegen offen daraufhin anspricht, wenn eine bestimmte Äußerung als kränkend empfunden wird bzw. Kritik aus objektiven Gründen unberechtigt ist.
Schweigt der Gemobbte dagegen und frisst den Ärger in sich hinein, so kann sich Hoffnungslosigkeit festsetzen, was im weiteren zu körperlichen und seelischen Beschwerden führt. Betroffene sollten sich dieser Beschwerden nicht schämen. Jeder andere würde ebenso mit ähnlichen Beschwerden reagieren, wenn er lange genug einer derart belastenden Situation ausgesetzt wäre.
Entspannungsverfahren (z.B. Autogenes Training, Progressive Muskelrelaxation) oder auch Sport bieten eine Linderung dieser Beschwerden in Form des Abbau von Spannungszuständen. Sie sind allerdings kein Ersatz für die Beseitigung der Ursachen oder eine ggf. notwendige Psychotherapie.
Kollegen, die mitbekommen, dass ein anderer gemobbt wird, erleben sich in einer schwierigen Lage. Einerseits empfinden sie die Situation als unfair, andererseits haben sie möglicherweise Angst, selbst gemobbt zu werden, wenn sie an dieser Stelle eingreifen und sich gegen die breite Masse der Angreifer stellen. Ungünstig wirkt dabei, wenn eine große Anzahl stiller Zeugen anwesend ist. Es entsteht Verantwortungsdiffusion - es sind ja genügend andere da, die auch eingreifen und helfen könnten. Natürlich gehört Mut dazu, gegen mehrere Mobber oder einen mobbenden Chef vorzugehen. Man macht sich jedoch schuldig, wenn man gar nichts unternimmt. In diesem Falle sollte wenigstens der Betriebsrat bzw. der Vorgesetzte informiert werden.
Will man selbst eingreifen, so empfehlen sich Einzelgespräche mit der verursachenden Person. Wichtig ist, dass man die Person, die man als Mobber erlebt, nicht in die Enge treibt, sondern ihm Raum für seine Interpretation der Situation gibt, um ggf. erst einmal Problembewusstsein zu schaffen.
Mobbing und die darauf basierenden Folgen im psychosomatischen Bereich sind in jedem Fall ein Beispiel dafür, dass Psychotherapie die soziale Realität eines Patienten/Klienten nicht ausblenden darf. Es genügt also nicht, die Symptome zu betrachten, in diagnostische Kategorien einzuordnen sowie ein gelerntes Fehlverhalten oder innere Konflikte zu thematisieren.
Mobbingprävention
Ausgehend von den oben genannten Ursachen und Mobbing fördernden Bedingungen, liegt die Verantwortung zur Verhinderung von Mobbing in hohem Maße beim Arbeitgeber aber natürlich auch bei dem einzelnen selbst, wenn es um die sachliche Bewältigung von Konflikten geht.
Wichtig sind:
- eine Sensibilisierung der Mitarbeiter und Vorgesetzten für das Thema
- Trainings in sozialer Kompetenz für Mitarbeiter und Vorgesetzte
- die Förderung offener Aussprachen
- die Verfügbarkeit von Ansprechpartnern für psychische Probleme im Betrieb
- konkrete Hilfsangebote für Betroffene
- der Abschluss von Betriebsvereinbarungen gegen Mobbing
- eine Verbesserung des Betriebsklimas
Wolmerath und Esser (2000) verweisen auf die Bedeutung persönlicher Konfliktfähigkeit, sozialen und beruflichen Rückhalts im Betrieb, der Konfliktkompetenz der Organisation und externer Unterstützung hin, die dazu beitragen können, dass Konflikt gelöst wird, welcher Ausgangspunkt für Mobbing sein kann.
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