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Angststörungen: Agoraphobie und Panikstörung

Agoraphobie
Agoraphobie ohne Panikstörung in der Vorgeschichte
Panikstörung ohne Agoraphobie
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Ängste und Angststörungen beziehen sich auf mehr oder weniger spezifische angstauslösende Reize und Situationen.

Im folgenden Beitrag werden solche Angststörungen behandelt, deren Kernmerkmal unerwartet und ohne äußeren Anlass auftretende Panikanfälle sowie die Angst vor solchen Panikanfällen ist.


Diagnosekriterien

Man beachte, dass Agoraphobie nach dem DSM-IV keine für sich codierbare Störung ist. Codiert wird die spezifische Störung, bei der die Agoraphobie auftritt: Agoraphobie ohne Panikstörung in der Vorgeschichte oder Panikstörung mit Agoraphobie.

Nach DSM IV spricht man von einer Agoraphobie, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:

A. Angst, an Orten zu sein, von denen eine Flucht schwierig (oder peinlich) sein könnte oder wo im Falle einer unerwarteten oder durch die Situation begünstigten Panikattacke oder panikartiger Symptome Hilfe nicht erreichbar sein könnte. Agoraphobische Ängste beziehen sich typischerweise auf charakteristische Muster von Situationen: z.B. alleine außer Haus zu sein, in einer Menschenmenge zu sein, in einer Schlange zu stehen, auf einer Brücke zu sein, Reisen im Bus, Zug oder Auto.

B. Die Situationen werden vermieden (z. B. das Reisen wird eingeschränkt), oder sie werden nur mit deutlichem Unbehagen oder mit Angst vor dem Auftreten einer Panikattacke oder panikähnlicher Symptome durchgestanden bzw. können nur in Begleitung aufgesucht werden.

C. Die Angst oder das phobische Vermeidungsverhalten werden nicht durch eine andere psych. Störung besser erklärt, wie Soziale Phobie (z. B. die Vermeidung ist aus Angst vor Peinlichkeiten auf soziale Situationen beschränkt), Spezifische Phobie (z. B. die Vermeidung ist beschränkt auf einzelne Situationen, wie z. B. Fahrstuhl), Zwangsstörung (z. B. die Vermeidung von Schmutz aus zwanghafter Angst von Kontamination), Posttraumatische Belastungsstörung (z. B. Vermeidung von Reizen, die mit einer schweren belastenden Situation assoziiert sind), oder Störung mit Trennungsangst (z. B. es wird vermieden, das Zuhause oder die Angehörigen zu verlassen).

Diagnostische Kriterien der Agoraphobie ohne Panikattacken in der Vorgeschichte nach DSM IV sind

A. Agoraphobie: Angst, sich an Orten oder in Situationen zu befinden, in denen beim plötzlichen Auftreten von hilflosmachenden oder peinlichen Symptomen eine Flucht nur schwer möglich (oder peinlich) oder aber keine Hilfe verfügbar wäre. Beispiele sind: schwindlig zu werden oder zu stürzen, Depersonalisation oder Derealisation, Verlust der Blasen- oder Darmkontrolle, Erbrechen oder Herzbeschwerden. Als eine Folge der Angst bestehen entweder Einschränkungen beim Reisen, die Notwendigkeit einer Begleitperson außerhalb der Wohnung oder aber die phobischen Situationen werden nur unter intensiver Angst durchgestanden. Übliche phobische Stuationen sind: alleine außerhalb des eigenen Hauses zu sein, sich in einer Menschenmenge zu befinden oder in einer Schlange zu stehen, sich auf einer Brücke zu befinden oder im Bus, Zug oder Auto zu fahren.

B. Die Kriterien für Panikstörung wurden zu keiner Zeit erfüllt.

Diagnostische Kriterien für Panikstörung ohne Agoraphobie nach DSM IV sind

A. Sowohl (1) als auch (2)

(1) wiederkehrende unerwartete Panikattacken

(2) bei mindestens einer der Attacken folgte mindestens ein Monat mit mindestens einem der nachfolgend genannten Symptome:

(a) Anhaltende Besorgnis über das Auftreten weiterer Panikattacken

(b) Sorgen über die Bedeutung der Attacke oder ihre Konsequenzen (z. B. die Kontrolle zu verlieren, einen Herzinfarkt zu erleiden, verrückt zu werden),

(c) deutliche Verhaltensänderung infolge der Attacken.

B. Es liegt keine Agoraphobie vor.

C. Die Panikattacken gehen nicht auf die direkte körperliche Wirkung einer Substanz (z. B. Droge, Medikament) oder eines medizinischen Krankheitsfaktors (z. B. Hyperthyreose) zurück.

D. Die Panikattacken werden nicht durch eine andere psychische Störung besser erklärt, wie z.B. Soziale Phobie (Panikattacken nur bei Konfrontation mit gefürchteten sozialen Situationen), Spezifische Phobie (Panikattacken nur bei Konfrontation mit spezifischer phobischer Situation), Zwangsstörung (Panikattacken nur bei Konfrontation mit Schmutz bei zwanghafter Angst vor Kontamination), Posttraumatische Belastungsstörung (Panikattacken nur als Reaktion auf Reize, die mit einer schweren, belastenden Situation assoziiert sind) oder Störung mit Trennungsangst (Panikattacken als Reaktion auf die Abwesenheit von zu Hause oder engen Angehörigen).


Zusätzliche Informationen

Bei der Agoraphobie sowie bei Panikattacken lassen sich unterschiedliche Schweregrade einstufen hinsichtlich...

... des agoraphobischen Vermeidungsverhaltens

Leicht: Vermeidungsverhalten (oder Aushalten trotz Unbehagens), jedoch relativ normale Lebensführung, z.B. fährt nur wenn es sein muss ohne Begleitung zur Arbeit oder zum Einkaufen; andernfalls wird es vermieden

Mittel: Das Vermeidungsverhalten führt zu Einschränkungen in der Lebensführung, z.B. ist die Person in der Lage, das Haus allein zu verlassen, kann jedoch nicht weiter als ein paar Kilometer ohne Begleitung gehen

Schwer: Das Vermeidungsverhalten fesselt weitgehend ans Haus oder führt zur Unfähigkeit, das Haus ohne Begleitung zu verlassen

Partiell remitiert: Derzeit kein agoraphobes Vermeidungsverhalten, aber in den letzten 6 Monaten davor

Voll remitiert: Kein agoraphobes Vermeidungsverhalten, weder gegenwärtig noch in den letzten 6 Monaten

... der Panikattacken

Leicht: Im letzten Monat bestanden nur Attacken mit unvollständiger Symptomatik (d. h. mit weniger als vier Symptomen) oder es trat nur eine Attacke auf

Mittel: Im letzten Monat lag der Schweregrad zwischen "leicht" und "schwer"

Schwer: Im letzten Monat traten mindestens acht Attacken auf

Partiell remitiert: Der Zustand liegt zwischen "vollständig remitiert" und "leicht"

Voll remitiert: Im letzten Monat traten weder vollständige Panikattacken noch Attacken mit unvollständiger Symptomatik auf

Symptome, die bei einer Panikattacke auftreten können:

Körperliche Symptome:

- starker Herzschlag (Palpitationen) oder beschleunigter Herzschlag (Tachykardie)
- Schmerzen oder Unwohlsein in der Brust
- Atemnot (Dyspnoe) oder Beklemmungsgefühl, Druckgefühl (Brust)
- Erstickungsgefühl
- Benommenheit, Schwindelgefühl, Gefühl der Unsicherheit oder Ohnmachtsgefühle
- Übelkeit oder abdominelle Beschwerden
- Schwitzen
- Hitzewallungen oder Kälteschauer
- Taubheit oder Kribbelgefühle (Parästhesien)
- Zittern oder Beben

Kognitiv/Emotionale Symptome:

- Furcht, verrückt zu werden, Angst vor Kontrollverlust oder etwas Unangenehmes oder Peinliches zu tun, Angst sich in der Öffentlichkeit lächerlich zu machen
- Furcht zu sterben
- Depersonalisation oder Derealisation, d. h. man kommt sich selbst oder die Umgebung kommt einem plötzlich fremd und unwirklich vor. Man kann auch das Gefühl haben, plötzlich außerhalb des eigenen Körpers zu sein

Verhalten:

Das Verhalten ist gekennzeichnet von Fluchtbedürfnissen (raus aus der - körperlich - bedrohlichen Lage, nur weg hier, sonst wird´s peinlich).



Angaben in der Literatur zur Lebenszeitprävalenz der Panikstörung schanken ein wenig. Zwischen einem und fünf Prozent der Bevölkerung erkranken demnach irgendwann im Laufe des Lebens an einer Panikstörung. Meist bricht die Störung zwischen dem 15 und 24. Lebensjahr aus. Insbesondere bei Frauen ist dies allerdings auch später noch möglich. Frauen sind von dieser Störung etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer.

Mehr als die Hälfte der Betroffenen weist neben einer Panikstörung weitere psychische Störungen auf, darunter besonders häufig die Generalisierte Angststörung, Soziale Phobie, spezifische Phobien, Posttraumatische Belastungsstörung, Depressionen und Substanzmissbrauch.

Einer ersten Panikattacke gehen in 80 Prozent der Fälle besonders belastende Erlebnisse wie etwa der Verlust einer nahestehenden Person, die Beendigung einer wichtigen Beziehung, Arbeitsplatzverlust oder eine Gewalttat voraus.

Die Eskalation einer Panikattacke resultiert letztlich aus einer ständigen und übermäßigen Selbstbeobachtung, verbunden mit einer Fehlinterpretation körperlicher Veränderungen. Beispielsweise beobachtet der Betroffene nach geringfügiger körperlicher Anstrengung ein verstärktes Herzklopfen. Dieses Herzklopfen wird dabei als Hinweis auf einen baldigen Herzinfarkt interpretiert. Infolgedessen erlebt der Betroffene eine extreme Angst, die wiederum einhergeht mit beschleunigter Atmung und beschleunigtem Herzschlag, was wiederum als Bestätigung des vermuteten Herzinfarkts interpretiert wird. Im Verlauf des Panikanfalls können dann die verschiedenen oben aufgeführten Symptome auftreten. Diese Symptome gehen im Zuge des Adrenalinabbaus überlicherweise nach etwa 15 bis 20 Minuten wieder zurück.

Therapie der Wahl bei dieser Störung ist eine kognitive Verhaltenstherapie. Dabei wird dem Betroffenen bewusst gemacht, wie es zu den Panikanfällen kommt (Teufelskreislauf aus Selbstbeobachtung körperlicher Veränderungen, Fehlinterpretation und Angst). Die Betroffenen sollen dabei auch lernen, ihrem Körper wieder zu vertrauen und ihre Aufmerksamkeit weg von einer ständigen Selbstbeobachtung hin auf äußere Ereignisse zu lenken. Des weiteren werden Techniken vermittelt, die der Eskalation einer Panikattacke effektiv entgegenwirken (Atemübungen, Entspannungstechniken). Im Falle einer Agoraphobie erfolgt eine gezielte Konfrontation mit den Angst auslösenden Situationen.

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