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Welche Wirkung hat Werbung mit Sex-Appeal?
Sex-Appeal dürfte wohl das Gestaltungsmittel sein, womit in der Werbung die meiste Aufmerksamkeit, Anregung, Stimulierung erzeugt werden kann.
Allerdings stellt sich sowohl im Hinblick auf die Wirksamkeit als auch unter ethischen Gesichtspunkten die Frage, unter welchen Umständen die Verwendung von Sex-Appeal in der Werbung angemessen ist.
Eine Werbeanzeige sollte einerseits Aufmerksamkeit anziehen, andererseits aber nicht von der eigentlichen Werbebotschaft und dem beworbenen Produkt ablenken!
Weitere Zitate und Sprüche
Varianten von Werbung mit Sex-Appeal
Dabei müssen zunächst verschiedene Formen der Verwendung von Sex-Appeal unterschieden werden:
Man spricht von funktioneller Verwendung von Sex-Appeal, wenn beispielsweise unter Verwendung weiblicher Modelle für Dessous geworben wird. Streng genommen handelt es sich hier allerdings nicht um Sex-Appeal im eigentlichen Sinne. Sicherlich wirkt diese Werbung sexuell anregend - bei heterosexuellen Männern und homosexuellen Frauen. Die eigentliche Zielgruppe dieser Werbung sind allerdings Frauen als mögliche Trägerinnen dieser Bekleidungsprodukte. Diesen soll die Werbung vermitteln, wie es aussieht, wenn frau solch ein Kleidungsstück trägt (und dass frau dann genauso toll ausschaut wie das Modell).
Davon zu unterscheiden ist Werbung, bei denen der Rezipient tatsächlich sexuell angeregt und aktiviert werden soll. Hier wiederum lassen sich ein dezenter und ein sehr aufreizender bis unangemessener Einsatz von Sex-Appeal unterscheiden. Ein mehr oder weniger dezenter Einsatz könnte z.B. die Darbietung erotisch anmutende Wörter oder die Verwendung besonders attraktiver Prominenter (z.B. Eva Longoria, George Clooney) beinhalten, die dann allerdings normal bekleidet sind. Ein aufreizender bis unangemessener Einsatz von Sex-Appeal könnte z.B. die Verwendung derber Begriffe mit sexuellem Bezug oder die Darstellung sehr spärlich bekleideter Personen oder Paare in eindeutigen Posen beinhalten.
Werbung für Chia Samensaft 2016 mit einem sexuell anzüglichen Sprachspiel.
Diese Werbung sorgte einerseits für Aufmerksamkeit und hatte zudem einen starken viralen Effekt, andererseits konnte man die eigentliche Zielgruppe damit wohl nicht in einem positiven Sinne ansprechen.
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Werbung für die Dresdner Verkehrsbetriebe 2015, mit etwas dezenterem Sex-Appeal ebenfalls in Textform. Diese Werbung ist auch jetzt (Update Februar 2017) noch vorzufinden. |
Auch wenn es sich nicht um funktionale Werbung mit Sex-Appeal handelt, kann die sexuell stimulierende Werbung zu dem beworbenen Produkt relativ gut passen oder eben als völlig unpassend eingestuft werden. Werbung mit sexuellen Motiven passt beispielsweise zu Kampagnen zur Verwendung von Kondomen (z.B. Plakate der Michael-Stich-Stiftung). Als unpassend kann die Verwendung von nackten weiblichen Modellen allerdings bei Werbung für Autos oder Werkzeug eingestuft werden.
Schließlich sollte noch unterschieden werden, ob der Rezipient bei der Betrachtung der Werbung die beworbene (Kauf-)Handlung sofort oder nur mit zeitlicher Verzögerung ausführen kann.
Die Wirkung von Sex-Appeal
Wie wirkt nun Werbung mit Sex-Appeal?
Es lässt sich feststellen, dass Sex-Appeal in hohem Maße unwillkürliche Aufmerksamkeit erzeugt, vor allem bei männlichen Rezipienten.
Die daraus resultierende hohe Aktivierung hat dabei allerdings auch zur Folge, dass der Rezipient weniger über das Produkt nachdenkt - was erwünscht oder auch unerwünscht sein kann.
Der Rezipient wird zu sexuellen Vorstellungen angeregt, was ihn von dem beworbenen Gegenstand ablenkt. Dieser Effekt ist vor allem dann problematisch, wenn die beworbene Handlung bzw. die beworbenen Produkte nicht sofort verfügbar sind.
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Bei Werbung mit Sex-Appeal kann man(n) sich nämlich nachfolgend zwar recht gut an die Werbung erinnern, das beworbene Produkt wird allerdings deutlich schlechter erinnert und auch weniger wiedererkannt als dies bei Werbung ohne Sex-Appeal der Fall ist. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einem Vampir-Effekt.
Hat der Rezipient allerdings die Möglichkeit, sofort die erwünschte (Kauf-)Handlung auszuführen, so spielt der Vampir-Effekt eine untergeordnete Rolle: Der Verleger E. Haldeman-Julius verkaufte Anfang des 20. Jahrhunderts Millionen von Exemplaren sogenannter "Kleiner blauer Bücher". Es handelte sich dabei um unterhaltsame Geschichten und Romane. Er verwendete dabei den Trick, schlecht verkäufliche Bücher mit einem aufreizenderen Titel zu versehen. Aus "Dem König geht's gut" wurde dann beispielsweise "Die Freuden des lüsternen Königs". Die Verkaufszahlen vervielfachten sich dadurch. - Hier handelt es sich um ein Produkt, bei dem der Rezipient im Buchladen sofort zugreifen kann. Eine ähnliche Wirkung dürften heutzutage die Titelblätter von Zeitschriften haben, auf denen leicht bekleidete Frauen posieren und reißerische Überschriften platziert sind.
Männer sind gegenüber Werbung mit Sex-Appeal im allgemeinen positiver eingestellt als Frauen, wobei allerdings auch individuelle Unterschiede zu beachten sind. Die positive Einstellung gegenüber der Werbung bewirkt allerdings noch nicht die entsprechende Einstellung gegenüber dem Produkt. Eine gefestigte Einstellung gegenüber dem beworbenen Produkt setzt eine inhaltliche Auseinandersetzung voraus, was durch die sexuell stimulierenden Motive eher beeinträchtigt wird.
Je unangemessener die Verwendung von Sex-Appeal für ein bestimmtes Produkt erscheint, desto kritischer ist auch die Wirkung zu beurteilen: Die Erinnerung an das Produkt wird dadurch stärker beeinträchtigt und auch die Einstellung zur Werbung fällt deutlich negativer aus - sowohl bei Frauen als auch bei Männern. Letztlich kann die nackte Frau auch zu der subjektiven Annahme führen, dass das beworbene Auto oder Werkzeug nur von minderwertiger Qualität ist, wenn man auf ein solches Werbemotiv zurückgreifen muss, anstatt auf die Vorteile des Produkts zu verweisen.
Sollte Werbung mit Sex-Appeal verwendet werden oder nicht?
Angesichts der heutigen Fülle an Werbung, die täglich auf uns einströmt, kann Sex-Appeal ein Gestaltungsmittel sein, mit dem man aus den übrigen Werbereizen heraussticht und etwas mehr Aufmerksamkeit erzeugt als andere.
Die Verwendung von aufreizendem Sex-Appeal ist allerdings eher bei Werbung für Produkte sinnvoll, bei denen eine inhaltliche Auseinandersetzung und die Bildung von Gegenargumenten unerwünscht ist. Also vorzugsweise bei Produkten schlechter Qualität.
Aufgrund der beeinträchtigenden Wirkung auf die Erinnerungsleistung sollte Werbung mit Sex-Appeal keinesfalls bei der Einführung neuer Marken und Produkte verwendet werden.
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Wenn es darum geht, für bekannte Marken zu werben, ohne dass neue Informationen vermittelt werden, so kann Sex-Appeal ein angemessenes Gestaltungsmittel sein. Es sollte allerdings auch hier eher dezent eingesetzt werden (Beispiele: George Clooney für Nespresso, Eva Longoria für Magnum).
Die unangemessene Verwendung von Sex-Appeal in der Werbung ist auch der häufigste Anlass für Beschwerden beim Deutschen Werberat.
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